May 23, 2016

Von Jonas Bremmer

Kassel. Eine Spur aus frühester Vorzeit kann man mitten in Kassel finden. An der Martinskirche hat der Geologe und Paläontologe Dr. Jürgen Fichter den Fußabdruck eines Sauriers entdeckt.

Im März diesen Jahres ging Fichter auf der Suche nach genau diesen Besonderheiten die Gemäuer der Martinskirche ab. „Das ist mein Hobby“, sagt Fichter, der sich mittlerweile im Ruhestand befindet. Zuvor war er über 25 Jahre im Naturkundemuseum Kassel beschäftigt. „Erwarten sie keinen riesigen Abdruck“, scherzt Fichter. Der Abdruck ist nur etwa zehn Zentimeter groß und fällt dem ungeschulten Auge kaum auf. Doch der Abdruck ist nicht aufgrund seiner Größe interessant, sondern weil er ungefähr 250 Millionen Jahre alt ist. Fichter ordnet den Fußabdruck einer Saurierart mit der Bezeichnung Dicynodontipus zu. Diese Sauriergattung wurde mittlerweile auf fast allen Kontinenten nachgewiesen. Sie war also weit verbreitet. Diese Gattung waren Säugetierähnliche Reptilien, was auch die fünf Zehen oder Finger erklärt. Der Abdruck lässt außerdem darauf schließen, dass der Saurier gerutscht ist. Es könnte sich jedoch auch um eine Kratzspur handeln. Fichter bescheinigt dem Abdruck eine einmalige Ausführung, da die Abdrücke meistens nur angedeutet sind, wodurch man den restlichen Abdruck rekonstruieren muss. „Solch ein Fußabdruck ist in unserer Region keine Seltenheit. Ein Fußabdruck an einer Kirchenmauer, die aus bearbeiteten Sandsteinquadern besteht ist jedoch schon eine Sensation“, sagt Fichter. Tatsächlich sind in den vergangenen Jahren in der Region mehrere solche Abdrücke aufgetaucht. Der bedeutendste Fund ereignete sich 1999 in einem Steinbruch im Stadtwald von Wolfhagen. Die Leitung der Ausgrabungen dort hat Dr. Jürgen Fichter zusammen mit seinem Kollegen Dr. Reiner Kunz, der ebenfalls Paläontologe ist. In diesem Steinbruch haben die beiden Forscher bisher Spuren von neun verschiedenen Sauriergattungen entdeckt. Darunter befinden sich auch zwei bis dahin unbekannte Gattungen. Sowohl im Wolfhager Steinbruch als auch beim Gemäuer der Martins-kirche handelt es sich um Buntsandstein. Fichter geht davon aus, dass der Sandstein der Martinskirche aus der Kasseler Umgebung stammt. Der Abdruck ähnelt auch denen im Wolfhager Steinbruch, jedoch wurden dort bereits wesentlich größere Fußabdrücke entdeckt. Der Abdruck an der Martinskirche lässt darauf schließen, dass der Saurier etwa eine Rumpflänge von 1,50 Meter gehabt haben könnte und eine Gesamtlänge von ungefähr zwei Metern. Die Abdrücke im Wolfhager Steinbruch lassen teilweise auf eine Länge der Saurier von vier bis fünf Metern schließen. Wer sich den Saurierabdruck ansehen möchte, muss sich in der Nische umsehen, die zwischen dem verglasten Gang von Musik an St. Martin und der Südseite der Martinskirche liegt. Dort findet man ihn auf der linken Seite in ungefähr zwei Metern Höhe.

http://lokalo24.de/news/palaentologe-entdeckt-saurierabdruck-an-gemaeuer-der-martinskirche/673342/